"OMNIBUS”-VERORDNUNG
Das italienische Gesetzesdekret 113 vom 9. August 2024 ("Omnibus"-Verordnung), veröffentlicht im Amtsblatt der Republik Italien 186 vom 9. August 2024, führt einige steuerliche Maßnahmen ein, worauf wir in weiterer Folge näher eingehen.
STEUERGUTSCHRIFTEN FÜR INVESTITIONEN IN SONDERWIRTSCHAFTSZONEN (SWZ)
Unternehmen, die die Mitteilung gemäß Artikel 5 Abs. 1 der Verordnung des "Ministeriums für EU-Angelegenheiten, Süditalien, Kohäsionspolitiken und den Staatlichen Wiederaufbauplan (PNRR)" eingereicht haben, um Zugang zur Steuergutschrift für Investitionen in Sonderwirtschaftszonen (ZES) zu erhalten, müssen beim italienischen Finanzamt bei sonstigem Wegfall der Förderung - vom 18. November 2024 bis zum 2. Dezember 2024 - eine zusätzliche Mitteilung einreichen, worin sie bestätigen, die in der vorangegangenen Mitteilung angeführten Investitionen bis zum 15. November 2024 getätigt zu haben.
Darüber hinaus müssen in der Mitteilung auch der Betrag der für die effektiv getätigten Investitionen aufgelaufenen Steuergutschrift und die entsprechenden elektronischen Rechnungen sowie die Details der Bescheinigung gemäß Artikel 7 Abs. 14 der Verordnung angeführt sein.
ERSATZSTEUER 100.000 EURO
Die von natürlichen Personen, die ihren Steuerwohnsitz
nach Italien verlegen und für die Regelung der Ersatzsteuer
gemäß Artikel 24-bis EStE (TUIR) optieren, geschuldete Ersatzsteuer auf ausländische Einkommen wird von 100.000 Euro auf 200.000 Euro angehoben.
Die Erhöhung gilt für natürliche Personen, die ihren Wohnsitz für die Zwecke des Artikels 43 italienisches ZGB nach dem 11. August 2024 nach Italien verlegt haben.
GRENZPENDLER IN DER SCHWEIZ
Lohnabhängig Beschäftigte, die in den Gemeinden gemäß Anlage 1 zur Omnibus-Verordnung ansässig sind, können für die Anwendung einer Ersatzsteuer für die Einkommenssteuer (IRPEF) auf in der Schweiz erwirtschaftete Einkünfte aus lohnabhängiger Arbeit in Höhe von 25 Prozent der in der Schweiz auf dieselben Einkünfte angewandten Steuern optieren.
Für diese Option müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:
- die Angestellten müssen Grenzpendler im Sinne von Artikel 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Italien und der Schweiz sein, das in Gesetz 83/2023 verankert wurde;
- die Angestellten müssen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des genannten Doppelbesteuerungsabkommens, d.h. zwischen dem 31. Dezember 2018 und dem genannten Datum, einer lohnabhängigen Beschäftigung in den Schweizer Kantonen Graubünden, Tessin und Wallis bei einem in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber oder einer Betriebsstätte oder festen Geschäftseinrichtung eines solchen in der Schweiz nachgegangen sein.
- die Einkünfte werden gemäß Artikel 3 des Doppelbesteuerungsabkommens der Steuer unterworfen.
Bei Ausübung der Option können die in der Schweiz gezahlten Steuern auf die Einkünfte, die der Ersatzsteuer unterworfen werden, nicht in Abzug gebracht werden.
Die Option für die Ersatzsteuer kann auch von Angestellten ausgeübt werden, die in den Gemeinden der Provinz Brescia und der Provinz Sondrio ansässig sind und in der Auflistung in Anlage 2 zur Omnibus-Verordnung angeführt sind. Für diese gelten dieselben Bedingungen, und sie müssen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Doppelbesteuerungsabkommens einer lohnabhängigen Beschäftigung in den Schweizer Kantonen Tessin und Wallis bei einem in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber oder einer Betriebsstätte oder festen Geschäftseinrichtung eines solchen in der Schweiz nachgegangen sein.
Arbeitnehmer, die diese Option ausüben, können von der Ersatzsteuer einen Betrag in Höhe von 20 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge gemäß Artikel 1 Abs. 237-239 Gesetz 213/2023 in Abzug bringen.
Die neuen Bestimmungen greifen ab dem Besteuerungszeitraum 2024.
REGULARISIERUNG DER LAGERBESTÄNDE
Die Zahlungsfrist für die erste Rate der gemäß Artikel 1 Abs. 82 Gesetz 213/2023 geschuldeten Steuern für die Regularisierung der Lagerbestände ist für jene Steuerzahler, für die diese Frist am 29. September 2024 ausgelaufen wäre, auf den 30. September 2024 aufgeschoben. Läuft die Zahlungsfrist der ersten Rate aufgrund der Anwendung dieses Aufschubs nach der Frist für die Entrichtung der zweiten Rate aus, wird auch die letztere Zahlungsfrist auf den 30. September 2024 aufgeschoben.
Steuerzahler, deren Frist für die Genehmigung des Jahresabschlusses für das am 30. September 2023 laufende Geschäftsjahr bis zum 29. September 2024 ausläuft, können die Anpassung der Anfangsbestände für die Zwecke der Bestimmungen im Sinne von Artikel 1 Abs. 78-85 Gesetz 213/2023 bis zum 30. September 2024 in den Rechnungslegungsunterlagen für das nachfolgende Geschäftsjahr vornehmen.
NEUFESTSETZUNG DER ANSCHAFFUNGSKOSTEN FÜR BETEILIGUNGEN UND GRUNDSTÜCKE
Die Frist für die Ausübung der Option zur Neufestsetzung der Anschaffungswerte für Beteiligungen und Grundstücke, die von natürlichen Personen zum 1. Januar 2024 gehalten werden, wird vom 30. Juni auf den 30. November 2024 aufgeschoben.
KORREKTURVERORDNUNG ("DECRETO CORRETTIVO")
Das gesetzesvertretende Dekret 108 vom 5. August 2024 (Korrekturverordnung), veröffentlicht im Amtsblatt der Republik Italien 182 vom 5. August 2024, führt einige steuerliche Maßnahmen ein, die wir in weiterer Folge näher erläutern.
MEHRWERTSTEUERZAHLUNG
Die aufgrund der periodischen Mehrwertsteuerabrechnung für Dezember geschuldete Mehrwertsteuer wird bis zum 16. Januar des Folgejahres entrichtet.
Die Zahlungsfrist für die aus den periodischen Mehrwertsteuerabrechnungen der ersten drei Quartale des Jahres resultierende Mehrwertsteuer wird auf den 16. November (statt 16. Dezember) vorgezogen, sofern der geschuldete Betrag niedriger als 100 Euro ist.
EINHEITLICHE EINKOMMENSBESCHEINIGUNG ("CERTIFICAZIOEN UNICA")
Einkommensbescheinigungen im Sinne von Artikel 2 Abs. 6-ter DPR 322/1998, die sich ausschließlich auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch gewohnheitsmäßige Ausübung einer künstlerischen oder freiberuflichen Tätigkeit beziehen, werden ab 2025 elektronisch bis zum 31. März des Jahres, das auf jenes folgt, in dem die Summen und Werte entrichtet wurden, an das Finanzamt übermittelt.
VORAUSGEFÜLLTE STEUERERKLÄRUNG
Ab 2025 wird die vorausgefüllte Steuererklärung bei Erteilung einer entsprechenden Vollmacht auch von den Personen, die im Sinne von Artikel 3 Abs. 3 DPR 322/1998 zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärung ermächtigt sind, zur Verfügung gestellt.
EINREICHFRIST FÜR DIE EINKOMMENSSTEUERERKLÄRUNG
Die Frist für die elektronische Einreichung der Einkommenssteuer- und IRAP-Erklärung natürlicher Personen ist der 31. Oktober des Jahres, das auf jenes folgt, in dem der Besteuerungszeitraum endet.
Die Frist für die Einreichung der Einkommenssteuer- und IRAP-Erklärung von Körperschaftssteuerpflichtigen (IRES) ist der letzte Tag des zehnten Monats (nicht des neunten Monats), der auf jenen folgt, in dem der Besteuerungszeitraum endet.
VERSCHROTTUNG VON STEUERZAHLKARTEN (ROTTAMAZIONE-QUATER)
Die Nichtentrichtung, die unzureichende oder die verspätete Entrichtung der am 31. Juli 2024 auslaufenden (fünften) Rate für die Zwecke der Verschrottung der Steuerzahlkarten gemäß Gesetz 197/2022 bewirkt nicht die Unwirksamkeit der begünstigten Begleichung der Steuerzahlkarten, sofern der Steuerschuldner die Zahlung dieser Rate vollumfänglich bis zum 15. September 2024 tätigt.
STEUERZAHLUNGSAUFFORDERUNG
Die Frist für die Zahlung von Summen, die aufgrund von Mitteilungen über Unregelmäßigkeiten geschuldet sind, verlängert sich ab 2025 von 30 Tagen auf 60 Tage ab Erhalt der Mitteilung. Die Strafgebühr in Höhe von 30 Prozent (reduziert auf 25 Prozent ab 1. September 2024) reduziert sich auf 1/3 bei Zahlungen für automatische Kontrollen und auf 2/3 bei Zahlungen für formelle Kontrollen.
EINKOMMENSMASSSTAB ("REDDITOMETRO")
Eine Ermittlung des Einkommens natürlicher Personen aufgrund der von diesen getätigten Ausgaben ("determinazione sintetica del reddito") ist zulässig, sofern:
- das festsetzbare Gesamteinkommen das erklärte Einkommen um mindestens ein Fünftel überschreitet,
- und in jedem Falle, den jährlichen Sozialhilfebeitrag ("assegno sociale") um mindestens das 10-fache überschreitet. Der Sozialbeihilfebetrag wird zweijährlich gesetzlich festgelegt und auch anhand der ISTAT-Indizes angepasst.
Steuerzahler müssen dabei jedoch nachweisen, dass
- die Ausgaben durch andere Einkünfte als die im selben Besteuerungszeitraum besessenen, oder durch steuerfreie oder quellensteuerpflichtige Einkünfte oder rechtmäßig von der Bemessungsgrundlage ausgeschlossene Einkünfte oder durch andere Personen als die Steuerzahler bestritten wurden;
- die zugewiesenen Ausgaben einen anderen Betrag aufweisen;
- die für Konsum und Investitionen verwendeten Ersparnisse im Laufe der vorangegangenen Jahre gebildet wurden.
ZWEIJÄHRIGE STEUERVEREINBARUNG
Es werden Änderungen zur Regelung der zweijährigen Steuervereinbarung eingeführt.
PLAN ZUR WENDE (PIANO DI TRANSIZIONE) 5.0
Artikel 38 Gesetzesdekret 19/2024 (Piano Transizione 5.0) führt eine Steuergutschrift für Unternehmen ein, die im Rahmen von Innovationsprojekten, die zu einem niedrigeren Energieverbrauch von Produktionsstätten von mindestens 3 Prozent oder - alternativ dazu - zu einem niedrigeren Energieverbrauch der von der Investition betroffenen Prozesse von mindestens 5 Prozent führen (vgl. unser Rundschreiben 4/2024), - ab 1. Januar 2024 und bis zum 31. Dezember 2025 - Investitionen in Unternehmen in Italien tätigen.
In der interministeriellen Verordnung vom 24. Juli 2024 sind die Durchführungsmodalitäten der neuen Steuergutschrift geregelt, insbesondere deren objektiver und subjektiver Anwendungsbereich, die Höhe des Steuervorteils und das Verfahren für den Zugang zur Steuerförderung.
Im Erlass des Direktors vom 6. August 2024 ist festgelegt, dass die IT-Plattform für die Einreichung der Voranmeldungen zur Reservierung der Steuergutschrift "Transizione 5.0" und der Bestätigungsmeldungen für vom Verkäufer angenommene Bestellungen mit einer Anzahlung von mindestens 20 Prozent der Anschaffungskosten ab 7. August freigeschaltet sein wird.
Das Rundschreiben des MIMIT vom 16. August 2024 (und Corrigendum vom 19. August 2024) liefern Klarstellungen zur zutreffenden Anwendung der neuen Förderungsregeln.
DIREKTE STEUERN
RECHTSMISSBRAUCH
Eine Gestaltung, wonach drei Gesellschafter einer Gesellschaft (A) folgende Umstrukturierung vornehmen möchten, gilt nicht als steuerumgehend:
- zwei Gesellschafter gründen zwei neue Einpersonengesellschaften, in die sie ihre Beteiligungen an A gemäß Artikel 177 Abs. 2-bis EStE (TUIR) einbringen;
- der dritte Gesellschafter nimmt eine Aufwertung seiner Beteiligung an A vor;
- die beiden neuen Einpersonengesellschaften erhalten Bankfinanzierungen und kaufen die (aufgewertete) Beteiligung des dritten Gesellschafters.
Die Aufwertung der Beteiligung des dritten Gesellschafters und die nachfolgende Abtretung stellen einen Vorgang dar, der dem endgültigen Austritt des verkaufenden Gesellschafters aus der Gesellschafterstruktur dient, sodass dabei kein ungerechtfertigter Steuervorteil erzielt wird (italienisches Finanzamt, Antwort auf Antrag auf verbindliche Auskunft 169 vom 12. August 2024).
ZINSAUFWENDUNGEN AUFGRUND VON SCHLICHTUNGSVEREINBARUNGEN UND EINVERNEHMLICHEN STEUERFESTSETZUNGEN
Zinsaufwendungen, die auf der Grundlage von Schlichtungsvereinbarungen oder einvernehmlichen Steuerfestsetzungen entrichtet werden, können nach den üblichen Regeln des EStE (TUIR) vom Unternehmenseinkommen in Abzug gebracht werden (italienisches Finanzamt, Antwort auf Antrag auf verbindliche Auskunft 172 vom 20. August 2024).
STREITBEILEGUNG – ZINSEN AUF RATENZAHLUNG
Im Falle einer begünstigten Beilegung von Steuerstreitverfahren im Sinne des Gesetzes 197/2022 müssen die für die Entrichtung der auf die erste Rate folgenden Raten geschuldeten Zinsen zum gesetzlichen Zinssatz, der am Tag des Abschlusses der Streitbeilegung selbst gilt, berechnet werden (italienisches Finanzamt, Antwort auf Antrag auf verbindliche Auskunft 168 vom 5. August 2024).
MTTEILUNG AN ENEA
Die unterlassene Mitteilung an ENEA, oder der "verspätete" Versand derselben nach über 90 Tagen ab Fertigstellung der Arbeiten bewirkt nicht den Wegfall der Steuervergünstigungen für energieeffizientes Bauen (italienisches Höchstgericht, Erlass 19309 vom 12. Juli 2024).
MEHRWERTSTEUER
UMKEHR DER STEUERSCHULDNERSCHAFT (REVERSE-CHARGE-VERFAHREN)
Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft kommt bei Änderungsanzeigen der Bemessungsgrundlage oder der höheren oder niedrigeren Mehrwertsteuer nicht zur Anwendung, sofern das Hauptgeschäft, auf das sich die Änderungsanzeige bezieht, nicht der Umkehr der Steuerschuldnerschaft unterliegt (da dieses beispielsweise vor Inkrafttreten der entsprechenden Regelung zustande gekommen ist) (italienisches Finanzamt, Principio di diritto 2 vom 12. August 2024).
KONTINGENT FÜR DEN MEHRWERTSTEUERFREIEN ERWERB („PLAFOND“)
Die für die Leistung einer Zahlung für eine Ausfuhrlieferung ausgestellte Rechnung fällt unter das Kontingent für den mehrwertsteuerfreien Erwerb. Kommt die Ausfuhrlieferung allerdings nicht zustande, muss das Kontingent für den mehrwertsteuerfreien Erwerb, das aufgrund der Rechnungen für die Anzahlungen zustande gekommen ist, berichtigt werden (italienisches Finanzamt, Consulenza giuridica 3 vom 6. August 2024).